Hormesis oder die Dosis macht die Medizin
Der Begriff Hormesis ist wahrscheinlich den wenigsten geläufig, obwohl uns das dahinterliegende Konzept alle betrifft und täglich begleitet. Das ungeheure Potenzial, Einfluss auf die eigene Gesundheit zu nehmen, finden wir hochspannend und hilfreich, weshalb wir hier darüber berichten wollen.
Was bedeutet Hormesis?
Hormesis stammt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie Anregung bzw. Anstoß. Es bezeichnet das Phänomen, dass geringe Dosen schädlicher oder giftiger Substanzen oder stressauslösender Umweltfaktoren eine positive Wirkung auf den Organismus haben können. Schon lange bekannt und nachweisbar ist dieser dosisabhängige Umkehreffekt bei vielen Gift- und Arzneistoffen, wie z. B. Digitalis und Opium.
Die Dosis macht das Gift oder aber eben nicht
Das bedeutet also nichts anderes, dass etwas, das in hoher Dosis giftig oder schädigend wirkt, in einer geringen Dosis nicht giftig, sondern positiv auf den Organismus wirkt. Es besteht nicht immer ein gleichmäßiger Zusammenhang zwischen Dosis und Wirkung. Der Körper ist also in der Lage, sich in einem bestimmten Dosisbereich an die neuen Gegebenheiten anzupassen und eventuell sogar einen Vorteil daraus zu ziehen.
Hormesis im Körper
In den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen, kommt es unter Stress zur Mitohormesis, einem biochemischen Prozess. Durch Ausdauersport beispielsweise werden in der Zelle vermehrt freie Sauerstoffradikale gebildet. Da diese Radikale negativ auf die Zelle wirken, wird die zelleigene Abwehr aktiviert. Die ursprünglich negative Stressreaktion hat durch die Aktivierung des Immunsystems eine gesundheitsfördernde Wirkung auf den Organismus. Der positive Effekt überwiegt.
Vermeintliche Helfer – Antioxidantien
Die Idee, freie Radikale im Körper durch zugeführte Antioxidantien (z.B. über Nahrungsergänzungsmittel) zu verhindern, scheint einleuchtend, um ihre zerstörerische Wirkung zu neutralisieren. Es wurde aber bereits der Nachweis erbracht, dass dies beispielsweise dem Diabetes vorbeugendem Effekt von Sport entgegenwirkt, weil die antioxidativen Nahrungsergänzungsmittel die Bildung freier Radikale verhindern. Der Körper wird quasi daran gehindert, zu lernen, sich selbst zu helfen. Damit nicht genug, ist man bei Analysen zu dem Schluss gekommen, dass die Gabe bestimmter Antioxidantien wie Beta-Carotin, Vitamin A und Vitamin E sogar die Entstehung von Krankheiten beim Menschen fördert.
Hormesis in der Küche
Als Beispiel möchte ich hier auf das Gewürz Kurkuma eingehen, das ein bereits seit Jahrhunderten genutztes Heilmittel der traditionellen indischen Medizin. Vermutlich deshalb werden unzählige Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Kurkuma am Markt als Heilsbringer angepriesen. Auf Basis der langen Erfahrung und auch zahlreich durchgeführter Studien scheint das Curcurmin den Hauptanteil der zahlreichen positiven Wirkungen auf den menschlichen Körper zu haben. Das hat natürlich die Nahrungsergänzungsmittelindustrie auf den Plan gerufen, um damit ihr Geschäft zu optimieren. Daher gibt es zahlreiche Präparate auf dem Markt mit teilweise hohen Konzentrationen und Zusatzstoffen, die die Wirkstoffaufnahme verbessern und somit zu einer weiteren indirekten Dosiserhöhung führen.
Hier scheint sich der Kreis zur hormetischen Wirkung wieder zu schließen, da durch die Einnahme hoher Dosen von Kurkuma-Präparaten schon wiederholt Leberschäden verursacht wurden. Die nachweislich positiven Wirkungen von Kurkuma, die in Indien schon lange geschätzt werden, haben sich durch die Dosiserhöhung ins Gegenteil gewandelt.
Die richtige Dosis oder weniger ist mehr
Wie können wir nun den größtmöglichen Nutzen aus diesen Erkenntnissen ziehen? Das Zitat: “Die Dosis macht das Gift“ von Paracelsus scheint auf jeden Fall bestätigt. Bei einer zu hohen Dosis muss man von negativen Effekten ausgehen.
Da es für viele Stoffe aber auf die Frage der Überdosierung noch gar keine Antwort gibt (im Gegensatz zu Kurkuma, da gibt es schon Empfehlungen für Höchstmengen), halten wir es in Bezug auf Nahrungsmittel so wie Ernährungsexperten, die einen maßvollen Gebrauch in der Küche als unbedenklich erachten. Damit sind wir gegen Überdosierungseffekte schon mal gewappnet.
Hilfts ned, schads ned oder macht uns das, was uns nicht umbringt, sogar noch härter?
Wir wollen uns diesen wunderbaren Effekt aber auch zunutze machen. Wir gehen davon aus, dass viele pflanzliche Lebensmittel einen hormetischen Effekt hervorrufen können. Schließlich weiß man, dass Pflanzen, die sich durch natürliche Gifte (z.B. sekundäre Pflanzenstoffe) Fraßfeinde vom Leib halten, schon seit Jahrtausenden in der Naturheilkunde erfolgreich angewendet werden. In der natürlich vorkommenden und für Menschen niedrigen Dosierung dieser Stoffe, z.B. in Brokkoli, Nüssen, Äpfeln, grünem Tee, Chilis oder Gewürzen zeigen diese einen positiven Effekt auf den menschlichen Organismus.
Hormesis selbst anstoßen?
Wenn wir also davon ausgehen, dass unser Organismus gegen alle „giftigen“ Bestandteile unserer Nahrungsmittel eine Schutzmaßnahme ausbildet, werden wir versuchen, durch eine möglichst vielfältige und abwechslungsreiche Ernährung mit viel Obst, Gemüse und naturbelassenen Lebensmitteln eine Breitbandwirkung zu erreichen. Wir geben unserem Organismus die Chance, sich auf die unterschiedlichsten Gegebenheiten einzustellen und „lehren“ ihn mit den unterschiedlichsten Herausforderungen fertig zu werden.
Hormesis im Kopf?
Nach all diesen Betrachtungen möchten wir am Ende aber schon noch einen unserer Meinung nach wichtigen Punkt erwähnen. Man sollte nicht die psychische Wirkung einer wohltuenden Tasse Tee auf den Körper unterschätzen oder das angenehme Gefühl beim Genuss einer gut gewürzten Speise. Den bei allen Versuchen, unseren Körper gut zu behandeln, sollte man keinesfalls darauf vergessen, sich auch um den „Kopf“ zu kümmern, den der gehört einfach dazu. Gute Gefühle und sei es nur beim Essen und Trinken können dazu sicher ihren Beitrag leisten.
Also genießt das Leben bei einer guten Tasse Tee oder bei einer natürlich gewürzten Speise! Eine feine Auswahl zu Tees, Kräuter und Gewürzen findet ihr dazu natürlich in unserem Teekraut-Shop 😉
Quellen:
Tagesschau/Nahrungsergänzungsmittel